"Pikant-geflügeltes Vorglühen in einer Freiburger Tapas-Bar, die ihrem Namen alle Ehre machte"
Geschrieben am 04.05.2025 2025-05-04 | Aktualisiert am 04.05.2025

"Helle, luftiger Lokal mit originelles, gesundes Essen und sehr nettes Bedienung."
Geschrieben am 21.04.2025 2025-04-21

"Mein Lieblingslokal"
Geschrieben am 05.04.2025 2025-04-05

Abends stand ein erstes gemeinsames Essen in "Omas Küche" auf dem Programm. Dort erwartete mich neben so manch schmerzlich vermisster Pensionärin – die Ehemaligen gehören bei uns einfach dazu! – eine deftige, gutbürgerliche Küche im Kreise der (Ex-)Kollegen. Das Bild vom stattlichen Schwarzwälder Dreierlei, welches ich mir dort gönnte, habe ich bereits ins Portal „eingepflegt“.
Bei einem kleinen Spaziergang durch den weitläufigen Stadtteil Wiehre, der für seine prachtvollen Gründerzeithäuser bekannt ist und durch sie ein „gehobenes“ Flair versprüht, erkundete ich die nähere, durchaus sehr wohnenswerte Umgebung. Würde mich nicht wundern, wenn dort einst der Herrenalber Chemie-Adel sein „Anwesen“ (be)trieb.
Tante Google hatte mir unweit meiner Bleibe eine medial gut beleumundete Tapas-Bar empfohlen. Da klang bereits der Name vertrauenserweckend, erinnerte er mich doch an einen Urlaub vor knapp 20 Jahren an der Costa Blanca. Lang ist’s her. Außerdem klangen die Bewertungen im Netz ausgesprochen gut. Also warum nicht vor der gutbürgerlichen Reinschaufelei noch ein paar Bierchen zum Appetitholen zwitschern?
Gedacht, getan. Plötzlich stand ich an der Ecke Lorettostraße/Kirchstraße vor einem Lokal, das von außen eher einem üppig umrankten Blumenladen als einem spanischen Tapastempel glich.
Ich wusste ja nicht, dass man sich hier mit einer Machete den Weg zum Eingang freischneiden muss...
Drinnen war noch nicht viel los. Ich wartete am Eingang auf den bald erscheinenden Servicemann, dem ich mein Anliegen nach einem wohlgehopften Apéro vortrug. Ein Platz am Tresen wurde mir angeboten. Wie sich bald herausstellen sollte, war das genau der richtige Ort, um den Hunger auf Deftiges anzukurbeln. Die hinter Glas geschützte Auslage mit den spanischen Antipasti hatte ich direkt vor meiner Nase.
Das erste Bier, ein kühles Ganter Pils vom Fass (0,4l für 4,90 Euro), landete bald frisch gezapft auf meinem Thekentisch.
Und das obwohl eine Flasche vom Wein des Monats, ein spanischer, aus den Rebsorten Syrah und Tempranillo gekelterter Rosado, direkt neben mir auf der Verlängerung des Bartisches zu einem Schnäppchenpreis von 17,50 Euro um meine Gunst warb.
Der Blick auf Pulposalat, Boquerones en vinagre und Co. ließ mich schließlich doch zur Speisenkarte greifen.
Bereits die DIN-A4-Kopie mit den „Especiales del Dia“ klang vielversprechend. Hätte ein paar Straßen weiter nicht rustikale Breisgauer Hausmannskost auf mich gewartet, wären die gratinierten Miesmuscheln, die Sopa de Pescado und die Iberico-Schweinebäckchen in Riojasauce fällig gewesen. Und zwar in der Reihenfolge.
Auch die Häppchen, die in dem mit abgegriffenem Holzumschlag ausgestatteten Ringbuch (= Standardkarte) nachzulesen waren, genossen meine vollste, kulinarische Aufmerksamkeit. Gleich auf dessen erster Seite, bei den Tapas frias y caliente, wurde ich schwach. Die Alitas de Pollo picante (8,90 Euro), auf neudeutsch: scharfe Chickenwings, entsprachen genau meiner Vorstellung von einer deftig-würzigen Begleitknabberei zum süffigen Bier aus der Freiburger Privatbrauerei Ganter.
Um mir die Zeit bis zum Erscheinen des krossfrittierten Hühnersnacks zu vertreiben, studierte ich das respektable Weinangebot der Tapasbar. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon mit ein paar netten, rotweinaffinen Kollegen nach dem geplanten Wirtshausbesuch bei einer Flasche Garnacha oder Tempranillo gediegen absacken. Das stoffige Rot bzw. den roten Stoff dazu hätte der mit diversen spanischen Kreszenzen gefüllte Keller des Ladens locker hergegeben.
Es kam leider nicht dazu, weil wir doch länger in „Omas Küche“ verweilten als angenommen. Nun saß ich da direkt an der Tapa-Theke und beobachtete die Szenerie. So langsam füllte sich das Lokal. Viele Stammgäste waren darunter. Familien, Pärchen und andere Freunde der spanischen Kleinigkeitenküche wurden vom supernetten Servicechef freundlich begrüßt und zu ihren reservierten Tischen geführt.
Der bis auf das „Deckengestrüpp“ sehr stimmig eingerichtete Gastraum verströmte eine warme Atmosphäre, die das „Südländische“ farbenfroh transportierte.
Wer auf LEDs und Plastikblumenverzierung steht, wird hier sicherlich seine uneingeschränkte Freude haben.
Aber auch sonst ließ es sich in der Bar Dénia sehr gut aushalten. Gut, vielleicht nicht dauerhaft auf dem Barhocker, der meine Sitzunterlage am Tresen darstellte, aber an einem der dunklen Holztische bzw. auf den bequem gepolsterten Stühlen mit Sicherheit. Die angenehme Hintergrundmusik machte gute Laune und das Besteckgeklapper mischte sich zusammen mit den Tischgesprächen in gesellig-kulinarisches Wohlgefallen auf…
Die Ankunft der knusprig-scharfen Hühnerflügel riss mich aus dem mir im positiven Sinne spanisch vorkommenden Entschleunigungsprozess.
Sechs saftige, dem Begriff vom „Fingerlicking Soulfood“ sehr nahekommende „Nageteile“ wurden mir zusammen mit einem gut gefüllten Brotkorb geliefert. Jede dieser pikant gewürzten Knuspereien erfüllte ihren Zweck als Snack und brachte die Papillen in Wallung.
Der Fall war klar, ein zweites Bier musste her. Diesmal aber bitte von der iberischen Halbinsel, was mir eine gut gekühlte Flasche Estrella de Galicia (0,33l für 4 Euro) mit passendem „Cana“ zum „Dessert“ einbrachte.
Adäquat vorgeglüht und (noch) sehr gut in der Zeit nahm ich nach dem Begleichen der Rechnung Kurs auf "Omas Küche" in der Hildastraße. Dort spielte das Essen tatsächlich nur eine Nebenrolle, denn die Wiedersehensfreude mit ehemaligen Kolleginnen und Kollegen mündete in einen sehr kurzweiligen, von tollen Gesprächen und gutem Bier geprägten Abend. Einfach sympathisch, dieses Freiburg!